Expertin: Klimawandel ist nicht an allem schuld

Ob Friederike Otto sich schon mal einen digitalen Regenschirm gekauft hat, damit sie dem Shitstorm begegnen kann? Die Attributionsforscherin wird in einem Artikel bei Utopia zitiert. 

“In ihrer Arbeit am Imperial College London und im Team von World Weather Attribution erforscht Otto, inwieweit Extremwetterereignisse tatsächlich Folgen der Klimakrise sind. In Zeit-Interview sagt sie: „Ich sehe die Tendenz, jedes ungewöhnliche Wetterereignis komplett dem Klimawandel zuzuschreiben.“ Dabei hänge es von einigen Faktoren, wie etwa einer „guten Stadtplanung“ und „nötigen Anpassungsmaßnahmen“ ab, ob eine Situation zu einer Katastrophe werde. „Das Klima ist nicht an allem schuld„, betont die Physikerin. 

Ihrer Meinung nach sei es „gefährlich“ zu sagen: „Der Klimawandel war’s, Diskussion erledigt“. Diese Einstellung ermögliche es Politiker:innen, die Verantwortung von sich zu schieben, so Otto. Außerdem lenke sie von der Tatsache ab, dass Maßnahmen die Ausmaße minimieren könnten – dazu gehören laut der Physikerin Frühwarnsysteme, die Menschen mit jedem Status, Informationsstand und Wohnort erreichen.” 

Man kennt es aus allen möglichen Meldungen. In Spanien wird eine von Menschenhand gebaut Straße künstlich verengt und mit Mauern an der Seite versehen. Nach Starkregen entstand eine Schlucht des Todes. Etwas, was man auch aus dem Ahrtal kennt, als in ehemaligen Flussbetten Häuser und Straßen gebaut wurden. Frühere Fluten wurde schlicht vergessen. Natürlich ist es bequem auf den Klimawandel zu zeigen, so müssen keine Planungsfehler zugegeben werden. Wenn von “menschengemacht” gesprochen wird, dann ist das schlicht etwas mehr als nur CO2, auch wenn einige Protagonisten nicht müde werden zu mahnen, wir hätten nur mehr Windkraft und Solar aufbauen müssen, dann wäre das alles nicht passiert. Damit springt man eindeutig zu kurz. 

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Man kann es sich bei den sommerlichen Temperaturen kaum vorstellen, aber auf der Südhalbkugel ist gerade tiefster Winter. Wetteronline meldet für Johannesburg Schnee, das erste Mal seit 11 Jahren. Die Stadt in Südafrika liegt allerdings auch sehr hoch. New South Wales in Australien meldet nach einem Schneesturm bis zu 50 cm Neuschnee. 

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Einen Sonderpreis für kreativen Umgang mit Zahlen bekommt Johann Rockström vom PIK. Auf Twitter verglich er allen Ernstes eine durchschnittliche Tages-Temperatur im Sommer auf der Nordhalbkugel mit der durchschnittlichen Temperatur auf der Erde während des Jahres. Nördlich des Äquators gibt es mehr Landmasse als südlich, folglich sind die nördlichen Sommer immer wärmer als die durchschnittliche Temperatur. Konsequenterweise muss er auch im Dezember Alarm schlagen, wenn die Temperatur im nördlichen Bereich der Welt unter den 14 Grad Celsius liegt. Seriös wäre es gewesen, die Sommertemperaturen Juni oder Juli des Nordens der Welt 2023 zu 2022 zu vergleichen. 

(Abbildung: Screenshot Twitter) 

Wie schon einmal erwähnt ist der starke Temperaturanstieg auf eine Anomalie in der Antarktis zurückzuführen. Die letzten 7 Tage werden bei Climatlas sehr schön dargestellt. Die Abweichung der Temperatur der Nördlichen Hemisphäre betrug demnach 0,75 Grad Celsius, die der Antarktis hingegen 4,22 Grad Celsius. 

(Abbildung: Screenshot Climatlas.com)  

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Dämpfer für Volkswagen. Der Absatz von Elektroautos bleibt unter den Erwartungen. Das berichten die HNA

“Die Statistik, welche den VW-Verantwortlichen Kopfzerbrechen bereitet, hat ein Marktforschungsinstitut ausgewertet: Laut Zahlen des Datendienstleisters Marklines hat Volkswagen zwischen Januar und Mai dieses Jahres in Europa 97.000 ID-Elektrofahrzeuge gebaut, jedoch wurden lediglich 73.000 verkauft. Momentan seien die VW-Werke noch damit beschäftigt, offene Auftragsbestände abzuarbeiten und auszuliefern. Das ändere sich jedoch schon bald: 

Insiderkrisen zufolge sind die Kapazitäten bis Herbst abgearbeitet – für danach drohen Probleme, sowohl im Deutschland-Geschäft als auch in Europa. Demnach sei die Nachfrage zu gering, besonders bei Elektrofahrzeugen. Intern wurde offenbar mit einem größeren Anstieg der Verkaufszahlen gerechnet, diese unterliegen jedoch einem Schwund.” 

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Die Lobbyisten und ehemalige Chefin der Grünen, Simone Peter, betreibt Arbeitsplatzsicherung – Ihres eigenen. In einem Interview mit E&M gelingt es ihr, Erdgas zu verdammen (brauchen wir nicht, haben ja Biogas, Wasserkraft, Speicher und Sektorenkopplung) und gleichzeitig die Subventionen für ihre Branche zu rechtfertigen. Das ist schon die hohe Kunst der einseitigen Wahrnehmung. Außerdem ist Corona und der Krieg gegen die Ukraine schuld, dass immer noch Unterstützung nötig ist. 20 Jahre nach dem Start, eigentlich unglaublich. 

“E&M: Die Höchstsätze für Photovoltaik und Wind sind um 25 Prozent erhöht worden. Am Anfang des EEG hieß es, Subventionen seien vorübergehend für den Markthochlauf notwendig.  

Peter: Als wir vor über 20 Jahren mit dem EEG gestartet sind, kosteten Wind- und besonders Solarstrom das Zigfache. Es hat eine enorme Kostendegression stattgefunden, die Erneuerbare heute attraktiver macht als fossile und atomare Energien. Wenn wir jetzt von 25 Prozent Erhöhung reden, ist das bei 5 bis 6 Cent je Kilowattstunde etwas anderes als bis zu 50 Cent damals. Die Anpassung der Höchstsätze wird den massiven Kostensteigerungen durch Lieferkettenprobleme aufgrund der Pandemie und des russischen Angriffskriegs gerecht, bei Umspannwerken zum Beispiel um 250 bis 300 Prozent. Insgesamt liegen wir immer noch unten den Kosten der anderen Energieträger.” 

Über Peter haben wir schon mal einen extra Artikel gemacht, weil ihre Tanzfiguren eigentlich immer gleich sind. Sie tanzt sie regelmäßig. Auch dieses Jahr: Waldbrände in Kanada, Regen in Italien, Hitze in Spanien: Wir hätten einfach mehr Windkrafträder bauen sollen, dann wäre das alles nicht passiert. Die Ereignisse sind austauschbar, die Reaktion ist stets gleich. 

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Reuters am 6.7.2023:

UN climate alliance scraps emissions rules for insurers after exodus

The Net-Zero Insurance Alliance (NZIA) has ditched all requirements for members to set or publish greenhouse gas emission-reduction targets, the U.N. said on Wednesday, a major rewrite of its rules after U.S. political pressure led to a member exodus.

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Przybylak et al. 2023 zur Mittelalterlichen Wärmeperiode und Kleinen Eiszeit in Polen:

The climate in Poland (Central Europe) in the first half of the last millennium, revisited

 The article presents the current state of knowledge on climate change in Poland (Central Europe) in the first half of the last millennium (1001–1500). To this end, it employs all available quantitative climate reconstructions created in the last two decades and four new reconstructions using three dendrochronological series and an extensive database of historical source data on weather conditions. The growth of conifers in lowland and upland Poland depends on the temperature in the cold season, especially in February and March. All available reconstructions based on dendrochronology date represent this time of the year. Summer temperatures were reconstructed using biological proxies and documentary evidence. The latter, however, is limited to the 15th century only. Winter temperature was used as the proxy for annual temperature proxies instead of the more usual use of summer temperature. The Medieval Warm Period (MWP; also called the Medieval Climate Anomaly [MCA]) occurred in Poland probably from the late 12th century to the first halves of the 14th or 15th centuries. All the analysed quantitative reconstructions suggest that the MWP in Poland was comparable to or warmer than the current temperature (1951–2000). The coldest conditions in the entire study period were noted in the first half of the 11th century (both winter and summer) and the second half of the 15th century (only winter). The greatest climate continentality occurred in the 15th century. Good agreement was found between the reconstructions of Poland’s climate and many reconstructions available for Europe.

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University of the Sunshine Coast:

Study finds simple, cheap way to use forests to slow global climate change

Spending $1.50 per hectare to prune climbing vines from the world’s selectively logged forests could remove 800 million metric tons of carbon dioxide from the atmosphere over 30 years, according to new research.

University of the Sunshine Coast Professor Jack (Francis) Putz is so buoyed by the finding that he and nine international co-authors have called for all countries with tropical forests—including Australia—to include the simple practice in their national carbon policies.

“If we are to scale natural climate solutions at the pace needed to avoid a global climate catastrophe, we need effective, low-cost, no-regrets practices that can be implemented immediately,” said the Professor of Forest Ecology and Management who recently joined UniSC to continue his work.

“This research shows why we should cut lianas (woody climbing vines) and suggests how government and private landowners can do it, to achieve benefits for the environment and the economy via the timber industry.

“Widespread adoption of liana removal is more likely if it is incorporated into national carbon policy frameworks.”

Professor Putz was senior author on a paper published on the research in Forest Ecology and Management with his previous University of Florida, as well as The Nature Conservancy, Conservation International, Eastwood Forests in the United States and Science for Sustainability in Central America.

“Lianas are great in some ways, but they compete with trees and other vegetation for sunlight,” he said.

“Liana infestations affect a quarter of the world’s one billion hectares of selectively logged forest, primarily in the tropics, and this is intensifying with human interventions and climate change.

“Our research found that cutting lianas from a minimal number of trees destined for harvest—just five trees per hectare—would increase carbon sequestration and contribute to timber yields to improve local livelihoods.

“Forest managers with access to voluntary carbon markets could also diversify their incomes.

“With the cost of the treatment estimated at less than $USD1 per ton of CO2, it’s an attractive opportunity for countries to both meet their climate action goals and—given current carbon market prices of $10–20 per ton of CO2—boost the economic potential of selectively logged forests.”

He said the same treatment could also benefit biodiversity in forests not destined for logging.

Paper: Francis E. Putz et al, Liana cutting in selectively logged forests increases both carbon sequestration and timber yields, Forest Ecology and Management (2023). DOI: 10.1016/j.foreco.2023.121038

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