Was ist nicht alles über Finnland und seine Stromproduktion geschrieben worden? Dem Land gelingen aus Sicht mancher Energiebewegter mehrere Wunder. Es hat ein neues Kernkraftwerk in Betrieb genommen und das verstopft anders als in Deutschland die Netze des Landes nicht. Dieses Kraftwerk ist sogar lastfolgefähig. Als wegen einsetzender Schneeschmelze die Erzeugung aus Wasserkraft auf vollen Touren lief, wurde das neue Kernkraftwerk Olkiluoto 3 gedrosselt. Eigentlich eine Unmöglichkeit, wurde doch in Deutschland immer erzählt, dass würde nicht funktionieren. In Finnland ging das ohne Komplikationen.
Das nächste Wunder sind die Preise für Strom in Finnland. Wie Montelnews berichtet, wird Finnland mit seinem Energiemix sehr günstige Preise bei der Produktion von Strom haben. Das Land wandelt sich zudem vom Importeur zum Exporteur von Strom, was vor allem für die Baltischen Nachbarn gut sein dürfte. Diese verringern dann die Abhängigkeit von Russland. Es könnten zukünftig die niedrigsten Strompreise in Europa sein und das mit oder trotz Kernenergie. Eigentlich straft der Montel-Artikel die deutschen Stimmen allesamt Lügen.
“Finnish prices could even fall further, Seland said, noting an expected surge in new capacity from intermittent wind and solar power. Around 11 TWh will come from new wind power capacity due to launch by 2025, along with several TWh of solar power. “If there is no large increase in consumption, the [average Finnish spot] price could fall below EUR 45/MWh next year and below EUR 40/MWh in 2025,” he said. Fingrid, the TSO, estimates 75 TWh of new annual output from wind and solar plants by 2030. “If this estimate is right in, then our forecast shows spot prices in Finland of under EUR 20/MWh from 2027,” Seland said. However, he considered it unlikely that prices will fall so low, noting the marginal cost of onshore wind power would be around EUR 30/MWh in 2030, according to StormGeo’s models. “Everything has a cost and investors must get a return on investment. But Finland will have the lowest price in Europe,” he said.”
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Stichwort Kernenergie. Nur mit einem Taschenrechner nimmt Simeon Preuss den TV-Wissenschaftler Harald Lesch auseinander. In einem Video rechnet er nach, wo Lesch falsch liegt bei seiner CO2-Analyse von Strom aus Kernkraftwerken. Dieses Video ist sehr amüsant. An das ”Kohlendüoxid” von Lesch muss man sich aber erstmal gewöhnen. Er spricht es notorisch falsch aus.
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Das Frühjahr war nass in Deutschland, dennoch hat das Land in Teilen ein Dürreproblem. Die Welt erklärt, warum das so ist.
“Der Winter sei eigentlich „nahezu fantastisch“ gewesen, sagte Marx. „Schon seit Dezember war es im Grunde zu nass, auch März und April waren sehr nass. Dazu war es im Frühjahr auch nicht zu warm. Bis April war die Situation wirklich gut.“ Das sei auch günstig für die Landwirtschaft gewesen; die Oberböden bis zu einer Tiefe von 25 Zentimetern und tiefer seien gut angefeuchtet worden.
Seit Mai habe es aber wieder wesentlich zu wenig geregnet. In einem Streifen vom östlichen Niedersachsen über Sachsen-Anhalt bis Berlin und Brandenburg haben wir die Situation, dass es dort schon seit fünf Jahren permanent zu trocken ist. Dort färbt sich der Dürremonitor schon wieder dunkel ein – ein Ausdruck für eine außergewöhnliche Dürre, wie sie statistisch nur alle 50 Jahre erwartet wird.”
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Fernwärme ist das große Thema. Ein Kommentar in der Wirtschaftswoche sieht das kritisch.
“Denn wer als Kunde Fernwärme bezieht, ist seinem Versorger derzeit nahezu schutzlos ausgeliefert. Den Fernwärme-Markt durchzieht Intransparenz bei der Preisgestaltung, und Verbraucherschützer wollen an mehreren Stellen sogar Hinweise auf Missbrauch bei den Wärmepreisen entdeckt haben.
Bei der Fernwärme bestimmen hochkomplexe Preisformeln – die sich bei jedem Anbieter auch noch unterscheiden – den Endpreis für den Kunden. Kein normaler Endverbraucher blickt hier durch. Schauen wir doch beispielsweise auf die Preisblätter der Stadtwerke Dresden oder der Stadtwerke Karlsruhe. Hier geht juristisch alles mit rechten Dingen zu. Aber: Bei Formeln mit so vielen Variablen und zig unverständlichen Determinanten, wie sie bei fast allen Anbietern vorkommen, könnten andere Energieversorger zu viel Spielraum besitzen, um die jeweilige Marktmacht für sich auszunutzen und ordentlich abzukassieren.”
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Der Energieversorger LEAG will die größte Batterie Deutschlands bauen. Der BR berichtet:
“Ein Teil des Energieparks soll auch ein Langzeit-Energiespeicher werden. Alan Greenshields, Europa-Direktor des Batterieherstellers ESS sagt, es sei die größte Batterie, die in Deutschland gebaut worden ist. „Das erste Batteriemodul soll etwa 50 Megawatt/500 Megawattstunden haben“, erklärt der Batterieexperte. Das entspreche gut sechs Prozent der derzeit aufgebauten Speicherkapazität in ganz Deutschland. Voll geladen könnte dieser Speicher damit etwa 200.000 Einfamilienhäuser für zehn Stunden mit Energie versorgen.
Das Unternehmen ESS setzt bei ihrem neuen Batteriespeicher auf ein flüssiges Speichermedium, in einer „Eisen-Salz-Batterie“ oder auch „Eisen-Redox-Flow-Batterie“. Alan Greenshields erklärt: „Man nutzt zwei Flüssigkeiten, um Energie zu speichern. Die zwei Flüssigkeiten fließen durch ein Reaktor-System. In eine Richtung wird Strom aufgenommen, in der anderen Richtung wird Strom freigelassen.“ Diese Technologie ermögliche es, größer, kostengünstiger und sicherer als etwa mit Lithium-Batterien zu speichern.
Ehemalige Kraftwerkstandorte sinnvoll für große Batteriespeicher
Die Oberlausitz sei für solche Riesenspeicher ein sinnvoller Standort, meint auch Bruno Burger vom Fraunhofer Institut, genauso wie andere ehemalige Standorte von fossilen Kraftwerken oder von Atom-Kraftwerken. Dort sei schon der Netzanschluss vorhanden, genauso wie Schaltanlagen und Transformatoren. Seinen Berechnungen nach könnten bis zu 65 Prozent des in Deutschland benötigten Speicherbedarfs bis 2030 mit Energiespeichern an solchen Standorten gedeckt werden.”
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Beitrag von Otto Glinzer:
Der Abgeordnete Dietmar Bartsch stellte im März 2023 eine schriftliche Frage an die Bundesregierung, die am 3. April von Patrick Graichen beantwortet wurde (siehe https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Parlamentarische-Anfragen/2023/03/3-357.pdf ). Die parlamentarische Anfrage betraf das Thema CO2-Emissions-Einsparungen durch den Wechsel auf Wärmepumpen und den dafür notwendigen zusätzlichen Strombedarf. Auf Basis einer Recherche bei BMWK, Umweltbundesamt, statista und OurWorldInData kann man sich einen Eindruck von den Größenordnungen machen, um die es hier geht.
Auf Seite 10 der PDF-Datei „Langfristige Renovierungsstrategie der Bundesregierung“ des Ministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) findet man die Tabelle 3, aus der hervorgeht, daß Wärmepumpen für insgesamt nur unwesentlich weniger CO2-Emissionen verantwortlich sind als Gasheizungen.
Dementsprechend kann Graichen in seiner Antwort für 2030 nur 10,5 Millionen Tonnen weniger CO2-Emissionen versprechen, falls mit Wärmepumpen statt mit Gas geheizt wird. Im nächsten Bild ist oben rechts die Tabelle Graichens eingeblendet, die die CO2-Emissions-Ersparnisse bis 2030 beim Einbau von Wärmepumpen angibt. Die rote Kurve zeigt die Verminderung der CO2-Emissionen nur durch die Umstellung auf Wärmepumpen bis 2030, die grüne Kurve zeigt den Plan zum Ziel „Zero-CO2-Äquivalente bis 2045“, der für 2030 etwas weniger als 440 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente vorsieht (das UBA gibt in seinem Bild an: 438 Millionen Tonnen CO2 – auf 3 Dezimalen genau!).
Die Quellen der Grafik sind neben der Antwort Graichens die deutschen CO2-Emissionen laut Ourworldindata (https://ourworldindata.org/grapher/annual-co2-emissions-per-country) sowie die deutschen Treibhausgas-Emissionen seit 1990 laut UBA (https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgas-emissionen-in-deutschland )
Wenn man das Bild betrachtet, kann man sich nur wundern: Die CO2-Emissions-Einsparungen durch den Wechsel auf Wärmepumpen sind laut Graichens Tabelle trotz eines gigantischen Aufwandes nicht der Rede wert und führen nicht zum im UBA-Bild erklärten Ziel, die deutschen CO2-Emissionen bis 2030 von 0,675 auf 0,438 Gt/Jahr zu senken. Und anschließend soll ja noch bis 2045 die Netto Null erreicht werden! Das Bild zeigt: Eine allmählich verlaufende Entwicklung fallender CO2-Emissionen der letzten 50 Jahre soll in kürzester Zeit und ohne den Einsatz von Kernenergie auf Null gebracht werden.
Das nächste Bild von Ourworldindata beantwortet die Frage, ob die deutschen Maßnahmen den Welt-CO2-Ausstoß entscheidend verändern werden:
Quelle: https://ourworldindata.org/grapher/annual-co2-emissions-per-country
Man fragt sich, ob es nicht sinnvoller wäre, nach bezahlbaren technischen Lösungen zu suchen, die es Ländern wie China, Indien oder Brasilien erlauben würden, den Wohlstand ihrer Bevölkerung zu steigern, ohne immer neue Kohlekraftwerke in Betrieb zu nehmen. Die deutsche Lösung dürfte allenfalls als abschreckendes Beispiel nützlich sein (z.B. bei der Volksabstimmung am 18.6.23 über das „Klima- und Innovationsgesetz“ in der Schweiz).
Patrick Graichen nahm auch zu der 2. Frage Dietmar Bartschs Stellung, welchen zusätzlichen Stromverbrauch der Wechsel auf Wärmepumpen verursachen wird (Graichens Schätzung: 30 bis 35 TWh/Jahr). Graichen schloß seine Antwort mit den Sätzen „Im EEG wird für die Ausbaupfade ein Bruttostromverbrauch von bis zu 750 Terawattstunden in 2030 zugrunde gelegt. Zum Vergleich: In 2022 betrug der Bruttostromverbrauch in Deutschland rund 547 Terawattstunden“.
Das folgende Bild zeigt zusätzlich als gestrichelte Linie, wie der Stromverbrauch in Deutschland bis 2045 ansteigen würde, wenn man die für 2030 gemachte Angabe Graichens linear extrapoliert. Wenn netto Null CO2-Emissionen im Jahr 2045 angestrebt werden, ist eine Steigerung dieses Ausmaßes vermutlich notwendig.
Quellen: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/256942/umfrage/bruttostromverbrauch-in-deutschland/ , https://www.umweltbundesamt.de/themen/mehr-gruener-strom-mehr-erneuerbare-waerme-im-jahr und https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/erneuerbare-energien/erneuerbare-energien-in-zahlen
Analog zur drastischen Verminderung der CO2-Emissionen soll also bis 2030 der Stromverbrauch drastisch um 200 TWh (ca. 30%) gesteigert werden – und vermutlich nicht durch immer mehr Kohlekraftwerke und auch nicht durch Kernkraft. Es bleiben also nur Wind (rot), Sonne (orange), Wasserkraft und Biomasse (hellblau).
- Wasserkraft und Biomasse dürften kaum wesentlich zu steigern sein. Sie liegen seit 10 Jahren unverändert bei ca. 70 TWh pro Jahr.
- Strom aus Photovoltaik ist stark jahreszeitabhängig und fehlt vor allem im Winter, wenn wegen der geplanten Stromheizungen besonders viel Strom benötigt wird. Ob Photovoltaik und Wasserstoffproduktion aus Elektrolyse in wenigen Jahren so weit ausgebaut werden können, daß überschüssiger Photovoltaik-Strom in Form von Wasserstoff für den Winter gespeichert werden kann? Allerdings wäre es in dem Fall energetisch günstiger, direkt mit Wasserstoffgas zu heizen, als den Wirkungsgrad durch die Rückumwandlung in Strom herabzusetzen.
- Es bleibt also vor allem der Wind, dessen Beitrag sich bis 2030 bzw. 2045 vervielfachen müßte, um ohne Kernenergie CO2-frei Strom zu erzeugen. Das Problem der starken Fluktuation von Wind und Sonne – und woher der Strom während einer Dunkelflaute kommen soll – ist dabei noch gar nicht berücksichtigt.
- Jetzt haben wir ca. 30.000 Windräder in Deutschland, und in manchen Gegenden sieht es schlimm aus. Wollen wir wirklich 100.000 Windräder und mehr haben? Ist es ganz sicher, daß so viele Windräder nicht ihrerseits Auswirkungen auf die Umwelt haben? Und woher kommt der Strom, wenn der Wind nicht weht? Aus französischen Kernkraftwerken?
Fazit: Die Darstellungen der CO2-Emissionen und des Bruttostromverbrauchs in Deutschland zeigen, daß die langsamen Anpassungen der vergangenen 20 Jahre ab 2023 durch abrupte Änderungen abgelöst werden sollen, um Ziele zu erreichen, die weder realistisch noch sinnvoll erscheinen. In einer Welt, in der China allein von 2020 auf 2021 seine CO2-Emissionen um 0,5 Gt/Jahr (von 11,0 auf 11,5 Gt/Jahr) erhöht hat, wird es ohne jede Wirkung auf „das Klima“ bleiben, wenn Deutschland seine CO2-Emissionen bis 2045 mit einem Gewaltakt von 0,7 Gt/Jahr auf 0 senkt. Die Wirkung der geplanten „Transformation“ mit der Brechstange auf Deutschland und seine Bürger wird hingegen katastrophal sein.