Lügen und Angst

Man kann wahrlich nicht behaupten, dass Anna Veronika Wendland zurückhaltend ist in ihren Formulierungen. Im Focus nimmt sie die Positionen der Grünen in Sachen Kernenergie auseinander. 

“Doch egal, wo sie herkamen, die Grünen teilten einen Satz von nicht hinterfragten Aussagen, die – im Zuge des erfolgreichen Marsches in die diskursbestimmenden Positionen in Schule, Kirche, Medien, Wissenschaft – zunehmend den Diskurs über die Kernenergie beherrschten. Im Zentrum stand die Angstbotschaft: Angst vor der Bedrohung „ganzheitlicher“ Materie-, Lebens- und Sinnzusammenhänge durch die Kernspaltung, Angst vor der zersetzenden, allgegenwärtigen Strahlung; Angst vor dem Krebs; Angst vor der Komplexität der Atomanlagen, deren Verfahren als alchemistisches Zauberlehrlingstum wahrgenommen wurden; Angst vor der Ingenieurs-Hybris als eines Vergehens gegen höhere, natürliche Ordnungen.” 

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Pinguin-Kacke, wer hätte gedacht, dass die für die Ökosysteme wichtig ist? Deutschlandfunk

“Das Problem: Eisen muss irgendwie an die Wasseroberfläche des Südpolarmeers, denn nur dort kann Phytoplankton wachsen. Und laut Studie spielen die antarktischen Zügelpinguine dabei eine größere Rolle als bisher gedacht: Sie düngen mit ihrem Kot das Wasser mit großen Mengen Eisen. Seit den 1980er Jahren hat sich die Zahl der Zügelpinguine aber in etwa halbiert. Und dadurch wird auch deutlich weniger Eisen recycelt.” 

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Berlin Direkt. Lange hielt sich das ZDF zurück in Sachen Kernenergie. Jetzt wird das Thema in der Sendung vom 16.04.2023 aufgenommen. Zwei eher belanglose Statements von Ingrid Nestle von den Grünen und Nina Scheer von der SPD, aber dann wird es interessant. Die Grüne Kerstin Andreae wird befragt. In der Anmoderation heißt es in Bezug auf zukünftige Gaskraftwerke, die auch mal mit Wasserstoff laufen sollen: 

“Wer nur als Lückenbüßer gefragt ist, der scheut ohne staatliche Hilfe zukünftige Investitionen. ” 

Kerstin Andreae ist die Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie und Wasserwirtschaft: 

“Ehrlicherweise, wir brauchen jetzt die Investitionen in diese Gaskraftwerke. Es dauert bis diese gebaut werden, deshalb muss der Rahmen hier jetzt stimmen.”  

Man könnte das auch als Aufforderung an die Politik verstehen, hier noch mal die Geldbörse zu öffnen. 

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Die Klimabeauftragte des Außenministeriums und ehemalige Greenpeace Chefin Jennifer Morgan weilt gerade in China. Ob es bei den Chinesen gut ankommt, wenn sie auf den Kohleausstieg in dem Land pocht? Gerade jetzt, wo Deutschland wieder voll auf Kohle setzt? 

(Abbildung: Screenshot Twitter)  

China geht einen anderen Weg. Dort werden gerade zahlreiche neue Kernkraftwerke errichtet. Über den deutsche Weg der Transition wird man dort vermutlich eher den Kopf schütteln. 

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Die taz etwas ungläubig zu den Positionen der Grünen in Finnland. 

“Die Begeisterung der Finnen für Atomkraft wird auch dadurch nicht geschmälert, dass das AKW-Projekt, das die Grünen 2014 aus der Regierung trieb, aufgrund der Beteiligung des russischen Staatskonzerns ­Rosatom inzwischen gestoppt wurde; oder dass sich die Inbetriebnahme des dritten Reaktorblocks im AKW Olkiluoto immer wieder verzögerte und Milliarden an Extrakosten verursachte. 2005 begann der Bau, 2009 sollte das AKW ans Netz gehen, doch erst in dieser Woche wurde ein erfolgreicher Abschluss des Testbetriebs vermeldet. In der Nacht zum Sonntag ging der neue Meiler regulär ans Netz. Für Atomkraftbefürworter in ganz Europa ist das ein positives Signal, denn Olkiluoto 3 ist der erste neue Reaktorblock in der EU seit über zwei Jahrzehnten. In der Slowakei ist ein weiterer im Testbetrieb, auch in einigen weiteren Ländern gibt es Ausbaupläne, und Polen will mit dem Bau von sechs Kraftwerken sogar ganz neu in die Atomstromerzeugung einsteigen.” 

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“Wasserstoff ist wichtig – aber mit ihm zu heizen, bleibt ein Märchen” 

So titelt der Focus

“Erstens ist die Herstellung von „grünem Wasserstoff“ durch Elektrolyse extrem verschwenderisch, verglichen mit der direkten Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien für den Betrieb von Wärmepumpen oder das Laden von Elektrofahrzeugen. Um ein Haus mit grünem Wasserstoff zu heizen, wird etwa fünfmal mehr Wind- oder Solarstrom benötigt als zur Beheizung desselben Hauses mit einer effizienten Wärmepumpe. Aufgrund dieser Ineffizienz wären die erforderlichen Ausbauraten für erneuerbare Energien äußerst schwierig: 561 Terawattstunden Heizöl und Gas wurden 2021 für Raumwärme und Warmwasserbereitung verbraucht. Um dies mit grünem Wasserstoff zu ersetzen, würden circa 800 Terawattstunden Strom aus erneuerbarer Energie notwendig sein – mehr als dreimal so viel Strom wie 2022 aus erneuerbaren Energien erzeugt wurde. 

Im Vergleich dazu brauchen Wärmepumpen circa 160 Terawattstunden Strom, um den gleichen Heizbedarf bereit zu stellen. Jedoch geht der Ausbau der erneuerbaren Energien als Ersatz für fossilen Strom jetzt schon zu langsam voran, um die Klimaziele zu erreichen. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Deutschland das Geld und die Flächen hat, um fünfmal so viele Wind- und Solaranlagen zu bauen, nur um weiter Heizkessel zu nutzen.” 

Weiterlesen im Focus 

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Beitrag von Dr. Hans-Joachim Dammschneider:

Mit der Veröffentlichung von OMRANI et al. (2022) scheint der Hintergrund für die quasi regelmässigen Oszillationen u.a. der sogenannten AMO aufgehellt. Die darin zu findenden Erklärungen, welche sich aus der Verrechnung unterschiedlicher atmosphärischer Komponenten und des arktischen Eises ergeben, sind z.Zt. offenbar plausibel.

Allerdings bleibt ein Problem bestehen. Es wird nach wie vor von „der“ Zyklizität des Atlantiks gesprochen. Es bleibt also bei der Auffassung, dass es im Atlantik eine Art ´Gleichschritt´ der über die Zeit ablaufenden geregelt-rhythmischen thermischen Entwicklungen gibt … i.M. 30 Jahre ansteigend, dann i.M. 30 Jahre absteigend. ´Die´ AMO als Index soll ´den´ Atlantik zwischen 0 und 60 Grad N repräsentieren bzw. bestimmen. Und, so scheint es plötzlich, die AMO/die allgemeinen Oszillationen sollen auch Europas Lufttemperaturen berühren. Dies Zugeständnis, dessen Kern lange und vehement bestritten wurde, überrascht und wäre sozusagen neu (siehe Abb. 2)

Doch dieses neue Verständnis auch ´der´ AMO anzuheften, ist nach Auffassung und Darlegung von DAMMSCHNEIDER (2023) eher eine Illusion, welche auf einer undifferenzierten Betrachtungsweise der pauschal errechneten AMO beruht. Die räumliche Gliederung des Atlantiks in Gebietszonen mit veränderlichen SST-Gebieten wird dabei entweder ignoriert oder zumindest in grossen Teilen ausgeklammert.

Am auffälligsten ist bei OMRANI (unterschwellig) eine scheinbare Ungenauigkeit: OMRANI hinterlässt in seinem Pressetext den Eindruck, dass die allgemeine Oszillation gleich jener der atlantischen SST bzw. sogar sehr ähnlich der der europäischen Lufttemperaturen und jener der AMO sei. Alle gäben, neben der Oszillation, gleichzeitig auch eine über die Zeit ansteigende Temperatur wieder (Abb. 2).

Dies ist zumindest hinsichtlich der AMO unrichtig. Denn genau DAS (den Temperaturanstieg des Klimawandels) soll eben gerade die AMO ausklammern, da sie als Index „um das Signal des Klimawandels“ korrigiert ist, d.h. rechnerisch ´detrended´ wird. Trenberth und Shea (2006) empfehlen, dass dieses detrending durch Subtraktion der Zeitreihe der globalen SST-Anomalie von der räumlich gemittelten Zeitreihe erfolgt. So geschieht es und alle AMO-Darstellungen zeigen daher keinen ansteigenden Trend sondern nur … eine Oszillation.

Abb. 1

Mit dieser Auffassung müsste die AMO dann aber eigentlich in ihrer Definition geändert werden?

Die nachfolgende Abbildung 2 aus OMRANI zeigt ein Bild, welches man bis jetzt meist versuchte zu vermeiden, nämlich, dass auch in weiten Bereichen Europas sich eine allgemeine (AMO-)Schwingung in den Lufttemperaturen abbildet, was DAMMSCHNEIDER bestätigt:

Abb. 2 (OMRANI 2022)

Abb. 3 (DAMMSCHNEIDER)

Die Klimanachrichten vom 9.4.2023 betiteln die Veröffentlichung von OMRANI et al (2022) mit „Oszillation entschlüsselt. Der Nordatlantik kühlt sich in Zukunft wohl ab“. Der erste Teil des Statements scheint in der Tat auf einem guten Weg zu sein und der zweite wurde ohnehin und bereits seit langem von vielen so angenommen. Nur wird bei OMRANI auch intensiv betont, dass diese Einschätzung in keinem Fall bedeuten könne, dass zukünftig (ab ca. 2040) nicht doch die Klimakatastrophe wieder auftaucht … dann sogar wohl noch dramatischer (siehe hier). Darin das Zitat (übersetzt): „Die nächste multidekadische Erwärmung wird von einem höheren Niveau ausgehen und zu einer noch nie dagewesenen Erwärmung und damit verbundenen Extremen führen´, sagt Nour-Eddine Omrani“.

Fazit: Die Randbedingungen zur AMO sind weiterhin ein Problem. Denn ´die´ AMO kann es als pauschale Darstellung eigentlich gar nicht geben, da die SST, aus denen sich der AMO-Index errechnet, innerhalb des Atlantiks räumlich viel zu unterschiedlich ausfallen, als das man sie in dieser Form bzw. so vereinfacht zusammenfassen sollte. Dies zeigt DAMMSCHNEIDER 2023 nochmals sehr deutlich. Die Oszillation selbst, die die AMO als Phänomen begründet hat, mag zukünftig gemäss OMRANI et al (2022) besser verstanden werden können, ihre räumliche Zulässigkeit ist mitnichten geklärt.

Die informelle Studie von DAMMSCHNEIDER zur Problematik der AMO-Interpretation bzw. der SST-Gewichtungen ist als Band 15 in der Schriftenreihe des IFHKG (Schweiz) erschienen, dieser link führt zum Text.

DAMMSCHNEIDER, H.-J. (2023): Zeitlich-räumliche Muster der nordatlantischen SST und die Zyklizität der AMO. In: Schriftenreihe des Inst.f.Hydrographie, Geoökologie und Klimawissenschaften, Bd. 15, 2023

OMRANI, NOUR-EDDINE et al (2022): Coupled stratosphere-troposphere-Atlantic multidecadal oscillation and its importance for near-future climate projection. In: Climate and Atmospheric Science (2022), 59

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Kivi et al. 2022:

Multi-Layered Systems for Permanent Geologic Storage of CO2 at the Gigatonne Scale

Abstract

The effectiveness of Carbon Capture and Storage (CCS) as an imperative decarbonization technology relies on the sealing capacity of a fine-grained caprock to permanently store CO2 deep underground. Uncertainties in assessing the caprock sealing capacity increase with the spatial and temporal scales and may delay CCS deployment at the gigatonne scale. We have developed a computationally efficient transport model to capture the dynamics of basin-wide upward CO2 migration in a multi-layered setting over geological time scales. We find that massive capillary breakthrough and viscous flow of CO2, even through pervasively fractured caprocks, are unlikely to occur and compromise the storage security. Potential leakage from the injection reservoir is hampered by repetitive layering of overlying caprocks. This finding agrees with geologic intuition and should be understandable by the public, contributing to the development of climate policies around this technology with increased confidence that CO2 will be indefinitely contained in the subsurface.

Key Points

  • We develop a numerical transport model to understand the long-term fate of CO2 in gigatonne-scale geologic carbon storage
  • CO2 leakage is dominated by molecular diffusion at inherently slow rates, hardly approaching a meter per several thousands of years
  • The long-term potential for CO2 leakage from a multi-layered system is low, making geologic storage a secure decarbonization technology

Plain Language Summary

Massive and timely deployment of Carbon Capture and Storage (CCS) at the gigatonne scale is a critical component of the majority of pathways toward reaching the Paris Agreement emissions abatement targets to mitigate climate change. Although CCS has been successfully deployed at multiple sites around the world, concerns about long-term containment, especially for gigatonne-scale storage, are causing uncertainty about the ability of geological layers to permanently store CO2 underground. This uncertainty is delaying the widespread deployment of CCS. This paper focuses on assessing the possibility of basin-wide CO2 leakage through a typical multi-layered geological setting with a sequence of aquifers and fine-grained caprocks (e.g., shales). Numerical transport models, constrained by hydraulic properties of intact and pervasively fractured caprocks (as the best- and worst-case scenarios, respectively), enable us to draw unambiguous limits on the CO2 leakage rates over previously unexplored temporal and spatial scales. We show that CO2 leakage to shallow sediments in both extreme scenarios is quite unlikely and the injected CO2 will be contained in the subsurface over millions of years. These findings should offer confidence to industrial developers, policy-makers, investors, and most importantly, the public that CCS provides a secure and environmentally sound carbon removal option.

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