Das kann ja heiter werden, wird sich so mancher gedacht haben, als die Teilnehmer der Talkshow vom Sonntag, den 15.01.2023 bekanntgegeben wurden. Es wirkte sehr grünlastig. Vielleicht war der Talkmasterin Anne Will das durchaus bewusst, denn sie war erstaunlich nervös und verhaspelte sich gleich am Anfang mehrfach. Die Sendung insgesamt war eigenartig, es hätte aber auch noch schlimmer kommen können.
An Anfang stand das Wortduell zwischen Luisa Neubauer und dem Innenminister von NRW, Herbert Reul. Der lobte den Einsatz der Polizei bei der Räumung des Ortes, Neubauer kritisierte ihn erwartungsgemäß. Und sie tat es in ihrer eigenen Art, nämlich mit sehr viel reden. Da passieren dann schon mal Aussagen wie ”Die Bundesregierung ist 2023 der Hauptverursacher der Klimakrise.” Und die Talkmasterin Anne Will fragt nicht nach!? Neubauer berief zudem eine Sanitäterin in den Zeugenstand, diese behauptete, es gäbe eine hohe zweistelle Zahl an Schwerverletzen!, weil Polizisten bei der Demo gegen die Räumung gezielt auf die Köpfe der Demonstranten geschlagen hätten.
Der WDR tat an dem Demonstrationstag das einzig Richtige, er versuchte die Zahl zu verifizieren und rief in den umliegenden Krankenhäusern an. Diese konnten die Zahl nicht bestätigen. Sie hätten auch nicht gegen die ärztliche Schweigepflicht verstoßen, wenn anonyme Zahlen gemeldet worden wären. Wo auch immer hin die vielen Schwerverletzten in Krankenhäuser gebracht wurden, in die Nähe jedenfalls nicht. Einige Aktivisten gaben die Schweigepflicht der Krankenhäuser als Erklärung an. So ganz verfängt das aber nicht. Zudem benannte Neubauer Internetvideos, die nun viral gingen als Argument. Belastbare Informationen sind allerdings etwas anderes.
(Abbildung: Screenshot Twitter)
Leider kam diese WDR-Nachricht nicht in der Sendung vor. Es wäre sicherlich interessant geworden. Und so schlüpfte Neubauer brav in die Opferrolle und verweigerte konsequent die Beantwortung von Fragen durch Anne Will. Bloß nicht festlegen war das Motto. Festgelegt hatte sich aber ein anderer Studiogast, Mojib Latif. Der Klimaforscher merkte an, dass Lützerath und die unter dem Ort liegende Braunkohle keinen Einfluss auf das Weltklima haben. Ob Luisa Neubauer ihm das jemals verzeihen wird? Ihre Argumentation war ja, dass genau diese Kohle die Welt in den Abgrund befördert.
Seine Aussagen zur Kernenergie standen im krassen Widerspruch zu denen des ”Feigenblatt” Michael Hüther von DIW. Er war neben Reul der einzige Nicht-Grüne als Studiogast. Hüther forderte nämlich den Weiterbetrieb der deutschen Kernkraftwerke, merkte explizit an, dass diese im Gegensatz zu den Anlagen in Frankreich verlässlich funktionierten. Prompt kam Latif auf die französischen Anlagen. Hatte er nicht zugehört? Auch die Bemerkung von Hüther, dass zahlreiche Nachbarländer Laufzeiten von Kernkraftwerken verlängern oder neue Anlagen planen bzw. bauen, wischte Latif einfach mal zu Seite. Bei den Kosten der Stromerzeugung lag er komplett falsch. Dennoch mahnte Latif an, dass jetzt endlich mal gehandelt werden müsse. Nur halt keine Kernenergie.
Ein weitere Studiogast war Ricarda Lang, die verzweifelt versuchte, die Linie der Grünen als Parteichefin zu verteidigen. Es kamen die berühmten zwei Herzen in der Brust der Grünen als Entschuldigung. Viel mehr gibt es über ihren Beitrag an diesem Abend dann auch nicht zu berichten. Zwischendurch gab es einen Einspieler mit einem Interview. Anne Will befragt Greta Thunberg und die war ganz Profi wie Neubauer und gab im Grunde keine Antworten auf die Fragen. Sie befürchtete, dass ihre Antworten aus dem Kontext gerissen würden und sie sei ja nur eine kleine Aktivistin. Es wirkte fast so als wenn Thunberg ihren deutschen Freunden nicht in die Parade fahren wollte in Sachen Kernenergie und so sagte sie lieber wenig bis gar nichts. Außer, dass Deutschland historisch gesehen ein schlimmer Klimasünder sei. Anne Will nahm das so hin.
Insgesamt hätte das alles sicherlich noch viel schlimmer kommen können. Anne Will traute sich wenigstens ab und an Neubauer auf die geltende Rechtslage aufmerksam zu machen, was diese aber nicht interessierte. Vielleicht wäre es nicht immer legal gewesen, aber berechtigt – meinte die Aktivistin, die wie gewohnt gepresst sprach. Sie muss in solchen Sendungen enorm unter Druck stehen. Die bei dem Einsatz verletzten Polizisten erwähnte sie mit keinem Wort. Ob sie denn nun bei den Grünen austrete, wollte Will wissen. Die Antwort, wie schon vorher, nichtssagend: das würde an Lützerath-Situation nichts ändern.
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Bergwerke als Energiespeicher? Eine Pressemeldung beschreibt zwei unterschiedliche Verfahren.
“Stillgelegte Bergwerke, deren Schächte oft in Tiefen von mehr als 1.000 Metern reichen, sollen zu Stromspeichern umgebaut, praktisch also zu wiederaufladbaren Batterien werden. In Deutschland verfolgt die RAGgemeinsam mit der Universität Duisburg-Essen und der Ruhr-Universität Bochum ein solches Konzept schon seit Jahren, ohne entscheidend voranzukommen. Jetzt kommen Wissenschaftler des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) mit ihrer Technik „Underground Gravity Energy Storage“ (UGES) dazu. Im Gegensatz zu den deutschen Forschern, die auf Wasser als Speichermedium setzen, geht die IIASA mit Sand einen anderen Weg.”
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“Die Erderwärmung ist schlimmer als ein Endlager”
Das meint Morten Freidel in einem Kommentar in der FAZ. Er spricht sich für die Nutzung der Kernenergie aus.
“Kürzlich etwa sagte Jürgen Trittin, man erlebe „gerade global das Ende der Atomkraft“. Doch das Gegenteil ist wahr. Die Hoffnungen der deutschen Atomkraftgegner haben sich nicht erfüllt. Europa erlebt eine Renaissance der Kernenergie. In dieser Woche kündigte Schwedens Regierung an, mehr Atomkraftwerke zu bauen, auch kleinere, modernere. Belgien verlängerte die Laufzeit zweier Kernkraftwerke um zehn Jahre, Polen plant zwei Meiler, in der Tschechischen Republik sollen ebenfalls welche entstehen. Und in Frankreich konnte von einem Ausstieg ohnehin nie die Rede sein. Die Atomenergie bildet dort schon lange das Rückgrat der Energieversorgung.
Doch die deutschen Kernkraftgegner wollen davon nichts wissen. Sie führen immer wieder die gleichen Argumente ins Feld, obwohl sie längst widerlegt sind: „Wir machen uns von Russlands Uran abhängig!“ Richtig ist, dass Deutschland jahrelang russisches Uran gekauft hat. Man kann es aber auch aus anderen Ländern beziehen. „Aber das Endlagerproblem ist ungelöst!“ Richtig, in der Zwischenzeit stirbt allerdings niemand am Atommüll in provisorischen Lagern. Und das, was an abgebrannten Brennstäben dazukommen wird, macht kaum einen Unterschied. „Aber jetzt neue Atomkraftwerke zu bauen kommt für das Klima zu spät!“ Dann wäre es erst recht geboten, alle Meiler in Deutschland wieder ans Netz zu nehmen, bei denen das noch irgendwie geht. Und ist es wirklich so, dass es nichts bringt, neue Atomkraftwerke zu bauen? Warum wollen es dann unsere Nachbarn tun?”
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Exxon widerspricht Meldungen, dass es bereits in den 1970er Jahren die Klimaentwicklung sehr genau vorhersagen konnte, Basis sind eigene Studien gewesen. Laut Zeit dementiert der Konzern jetzt.
“Unternehmenssprecher Todd Spitler erklärte, das Thema sei in den vergangenen Jahren mehrfach aufgekommen. Die Antwort von ExxonMobil bleibe dieselbe: „Jene, die darüber sprechen, wie ‚Exxon Bescheid wusste‘, liegen mit ihren Schlussfolgerungen falsch.“ In der Vergangenheit sei versucht worden, die Position des Unternehmens zur Klimawissenschaft und dessen Unterstützung für politische Lösungen falsch darzustellen. Gut gemeinte interne Debatten seien ins Licht einer Desinformationskampagne gerückt worden.”
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Zuschriften zum Beitrag von Hans Ambos am 16.01. 2023
Leserpost von Dipl.-Ing. Jürgen Prelle:
Ein erschreckend wahrer Artikel über Deutschlands Inkompetenz in Sachen Energiewirtschaft.
Es wird heute zu jeder Gelegenheit der Fachkräftemangel beklagt. Ja, das stimmt, besonders in der Politik und den Medien. Nachdem schlechte Zeiten nach dem Krieg starke Menschen hervorgebracht haben und diese dann gute Zeiten, haben leider die guten Zeiten schwache Menschen kreiert, die dann den Zyklus mit schlechten Zeiten beenden.
Leserpost von Bernhard Ludwig:
Ein hervorragender Beitrag !! Eigentlich zu schade nur auf Klimanachrichten veröffentlicht zu werden. So etwas braucht eine weite Verbreitung, auch in die politische Kaste. Wie wär´s sehr geehrter Herr Ambos, wenn Sie diesen Artikel vielleicht auf Reitschuster oder bei Tichy veröffentlichen würden. Auch die Achse des Guten wären dankbare Abnehmer.
Leserpost von Hans Albrecht:
Anteil erneuerbare Energien am Gesamtenergiebedarf
Der gesamte Energiebedarf unseres Landes soll nach den Vorstellungen unserer Volksvertreter in kurzer Zeit auf Deckung durch Elektroenergie, gewonnen aus erneuerbaren Energiequellen, umgestellt werden. Dem gesamten Energiebedarf unseres Landes ist der sogenannte Primärenergieverbrauch vorgelagert. Es lohnt sich, die Ausführungen zum Primärenergieverbrauch zu lesen, insbesondere hinsichtlich Atomenergie… Primärenergieverbrauch und Energiebedarf sind unterschiedlich, hier wird zur Vereinfachung beides gleichgesetzt und als Energiebedarf unseres Landes bezeichnet.
Der Gesamtenergiebedarf unseres Landes wird, Stand 2021, mit 12193 Petajoule angegeben. Das sind 3387 x 10^9 kWh. Daraus ergibt sich rechnerisch ein Energiebedarf pro Einwohner von etwa 41000 kWh. Im Jahre 2021 ist für Energie aus Windkraft im Netz ein Betrag von 132 x 10^9 kWh zu finden. Das macht bezogen auf den Gesamtenergiebedarf rechnerisch 3.9 % aus, d. h. knapp 4 % des Gesamtenergiebedarfes unseres Landes wurden im Jahr 2021 durch Windkraft gedeckt. Für Energie aus Solarmodulen wird für 2021 ein Wert von etwa 60 x 10^9 kWh angegeben, das sind bezogen auf den Gesamtenergiebedarf 1.8 %, also etwa 2 %. Da sind sehr geringe Anteile. 94 % unseres Energiebedarfs müssen aus anderen Quellen gedeckt werden.
Diese Energien stehen aber noch nicht einmal bedarfsgerecht zur Verfügung:
Wind je nach Laune der Natur, angebotsgerecht, zu schwach oder zu stark
Solar bei Sonnenschein im Sommer viel, bei trübem Wetter weniger, im Winter wenig, nachts nichts. Hierzu ein Diagramm zu Aufzeichnungen zweier Fotovoltaikanlagen je etwa 10 kWp. Der Ertrag im Winter sinkt deutlich, obwohl der Bedarf im Winter steigt.
Das Diagramm zeigt auch, daß die Erträge mit jeweils etwa 10000 kWh pro Jahr vom Jahr 2007 noch heute mit etwa 1000 kWh pro installierte Leistung 1 kWp entsprechen. Zu den Recherchen über Google ist zu bemerken, daß es bei den Begriffen, Leistung, Energie, Strom wild durcheinander geht, für mich als Elektrotechniker schwer zu ertragen.
Hans Albrecht
P.S.: Passt zu dem Artikel von Herrn Hans Ambos vom 16.01. 2023
Leserpost von Heribert Hauck:
Betreff: Mojib Latif gestern bei Anne Will
Man sollte tunlichst nur über Dinge reden, von denen man etwas versteht !
Mojib Latif versteht offensichtlich nichts von (Kraftwerks-)Technik und erdreistet sich trotzdem, die Bürger in der gestrigen Anne-Will-Sendung mit unsinnigen Behauptungen und daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen ‚hinter die Fichte zu führen‘.
Zu seinem Statement, die Kernkraftwerke seinen keine geeignete Lösung, unsere Energieversorgung sicherzustellen, weil deren Kühlung in den zunehmend heißen und trockenen Sommern gefährdet sei und die Kraftwerke dann abgeschaltet werden müssten, möchte ich auf folgenden Sachverhalt hinweisen: Die von Herrn Latif ins Feld geführte Kühlproblematik ist für den Betrieb der deutschen Kernkraftwerke überhaupt kein Thema!
Die Situation in Frankreich ist hier ein wenig anders: Ein Teil der französischen KKW hat eine sogenannte Durchlaufkühlung, d.h. Kühlwasser wird aus dem Fluss entnommen, durch die zu kühlenden Aggregate gepumpt und direkt wieder (erwärmt) in den Fluss zurückgeleitet. Das ist billig aber auch ziemlich dumm, denn erstens braucht man dafür kontinuierlich ziemlich viel Flusswasser und zweitens bekommt man dann ein Problem, wenn das erwärmte Rücklaufwasser im Sommer den ohnehin warmen Fluss noch weiter (unzulässig) erwärmt.
Unsere KKW haben ausnahmslos eine über einen Kühlturm geschlossene Kreislaufkühlung (unschwer zu erkennen an den großen Kühltürmen mit ihrer typischen Silhouette), die das benötigte Kühlwasser kontinuierlich im Kreislauf führt, mittels einer von der Flusswassertemperatur unabhängigen, autark arbeitenden Temperaturregelung unter Nutzung des Kühlturms auf der erforderlichen Temperatur hält und daher nur wenig Flusswasser benötigt (ohne Anforderungen an dessen Temperatur), um lediglich die Verdunstungsverluste im Kühlturm auszugleichen.
Die wichtigste Frage ist nun (wie so oft): wer korrigiert einen solchen, mit großer (von uns allen finanzierter) Öffentlichkeitswirkung vorgetragenen Unsinn? Sind die ÖR-Anstalten nicht verpflichtet, ihrem Informationsauftrag und der damit verbundenen großen Verantwortung gerecht zu werden und in einem anschließenden Faktencheck derartige Fake News an höchst prominenter Stelle im Programm aufzugreifen und zu korrigieren? Ich bin gespannt, wann ich die erforderliche Klarstellung in der ARD hören / sehen kann!
Leserpost von Wilfried Hahn:
Ich bin Aufsichtsrat von Copenhagen Atomics und Investor bei Dual Fluid. Copenhagen Atomics hat gerade ein Tochterunternehmen in England gegründet und den ersten Antrag zur Prüfung des Konzeptes des Kernreaktors gestellt. Wir können den Atommüll, England hat 140 Tonnen Plutonium welches sie entsorgen müssen, benutzen und entsorgen. In England können wir daraus in unserem Thorium Flüssigsalz Reaktor 30 GW Leistung erzeugen. Das ist etwas mehr als Deutschland an Atomkraft hatte. Wir wollen pro Tag einen Reaktor bauen mit Kosten pro kWh unter 4 Cents . Die Reaktoren sollen nicht verkauft werden , sondern die erzeugte Leistung wird berechnet. Das ist wie ein Leasing Vertrag. Der erste kommerzielle Reaktor ist für 2028 geplant hängt im Wesentlichen von der politischen Unterstützung oder Widerständen ab.
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Martin Schlumpf berichtete am 9. Januar 2023 im Nebelspalter:
Die Energiefantasien des deutschen Wirtschaftsministers – Schlumpfs Grafik 63
In meinem letzten Beitrag (Grafik 62 «Dunkelflaute in Deutschland») habe ich gezeigt, wie eine dreiwöchige Windflaute bis Mitte Dezember 2022 den Stromertrag aus Wind und Solar so stark reduziert hat, dass bis zu drei Viertel des deutschen Verbrauchs mit Kohle- und Gaskraftwerke gedeckt werden mussten.
Was wichtig ist:
– Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck will die Wind- und Solarkraft massiv ausbauen. Die installierte Leistung soll bis 2032 auf etwa das Dreifache steigen.
– Doch bei Dunkelflauten wie in der ersten Hälfte des Dezembers würde der erneuerbare Strom trotzdem bei weitem nicht reichen, um den Bedarf zu decken.
– Bei windigen Verhältnissen aber würde massiv zu viel Strom erzeugt, für den es keine Verwendung gibt.
– Deutschland könnte trotz des gewaltigen Ausbaus nicht auf Kohle- und Gaskraftwerke verzichten.
Was plant die deutsche Ampelregierung, um in solchen Mangelsituationen nicht mehr in grossem Mass klimaschädliche fossile Kraftwerke als Backup einsetzen zu müssen? Sie will den Ausbau der neuen Erneuerbaren stark beschleunigen. Robert Habeck, gleichzeitig Energie-, Wirtschafts- und Klimaminister (Grüne) will den Anteil des erneuerbaren Stroms aus Wind und Sonne bis 2030 auf mindestens 80 Prozent steigern (siehe hier). Im letzten Jahr lag er bei 47 Prozent.
Weiterlesen im Nebelspalter. Auch verfügbar auf schlumpf-argumente.ch.