In einer Sendung von SWR3- Wissen ging es im November 2022 um Lithium-Förderung in Deutschland und damit im Zusammenhang auch um Geothermie. Die Nutzung von warmen bzw. heißen Tiefenwasser klingt auf den ersten Blick immer sehr sanft. Anwohner im Oberrheingraben haben allerdings Befürchtungen, dass durch die Bohrungen Erdbeben ausgelöst werden. Im Gebiet von Freiburg bis Karlsruhe sollen 50 Anlagen entstehen, wenn es nach den Betreibern geht. Aber auch die Lithium-Gewinnung ist ein interessanter Aspekt. Aus dem Tiefenwasser im Oberrheingraben kann man das Leichtmetall nämlich gewinnen.
Dem Redakteur der Sendung ist es gut gelungen, jeweils unterschiedliche Standpunkte aufzuzeigen. In diesem Fall die großen Pläne der Förderung und gleichzeitig die Entwicklung beim Recycling von Lithium, was bei einer Skalierung die Preise senken dürfte und eine aufwendige Gewinnung über Tiefenwasser weniger wirtschaftlich. Es bleibt bei der Erkenntnis, dass jede Gewinnung von Wärme bzw. Strom mit Nebenwirkungen verbunden ist.
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Durchbruch bei der Fusionsforschung? Wie immer mit einer Portion Skepsis sind Nachrichten zu bewerten, dass es einen Durchbruch bei der Fusionsforschung gegeben hat. In einer Meldung bei n-tv heisst es dazu:
“Es könnte ein Meilenstein der Energiegewinnung sein: Das US-Energieministerium will am Dienstag einen Durchbruch bei der Kernfusionsforschung verkünden. Demnach ist es Forschern das erste Mal gelungen, eine kontrollierte Fusionsreaktion zu erzeugen, die einen Netto-Energiegewinn bringt, wie die „Financial Times“ berichtet. Das bedeutet, es wurde bei der Reaktion mehr Energie gewonnen, als hineingesteckt wurde. Das ist die entscheidende Anforderung an eine nutzbare Energiequelle.
Sollte es gelingen, die CO2-freie Kernfusion zur Energiegewinnung zu nutzen, wäre dies eine Möglichkeit, fossile und klimaschädliche Energieträger wie Öl, Kohle und Gas zu ersetzen. Und im Unterschied zur Kernspaltung, die bereits seit Jahrzehnten zur Energiegewinnung in Atomkraftwerken genutzt wird, fällt kein langlebiger radioaktiver Müll an. Zudem ist nur sehr wenig Brennstoff notwendig – ein Gramm Wasserstoff kann so viel Energie liefern wie elf Tonnen Kohle.”
Ein entsprechender Artikel bei cnet.com benutzt am Ende sehr viele Konjunktive.
“A spokesperson for LLNL told CNET „our analysis is still ongoing, so we’re unable to provide details or confirmation at this time“ and provided a link to the media advisory — which, in all caps, suggests a „MAJOR SCIENTIFIC BREAKTHROUGH.“
The result won’t mean that we suddenly have an endless supply of energy. It’s likely the reaction that took place at NIF lasted for just a fraction of a second or even less. But this is the first step in a journey toward fusion energy as a viable, serious technology to power our world. It provides a proof of concept that fusion experiments like this can reach Q > 1.
So while I’m always cautious about throwing around the word „breakthrough“ when reporting on cutting-edge science — especially in the realm of fusion energy — it does feel like it might be justified here. We’ll have to wait and see.”
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Gabor Steingart bereichert die Klima-Debatte um ein neues Wort: Klima-Hochstapler. Seine Definition dieser Spezies:
“1. Sie wollen Tatkraft vortäuschen. Ihr Heiligenschein schimmert nicht wie in der Marienverehrung gülden, sondern grün.
2. Sie hoffen, mit ihrer zur Schau gestellten Ambition bei den Jüngeren emotional, bei den Aktionären materiell und bei den Wählern politisch punkten zu können.”
Steingart geht im weiteren Verlauf auch auf Themen wie den Rohstoffbedarf ein.
“Die Wahrheit ist: Schon das Zero-CO₂-Versprechen von Microsoft und allen anderen Big Tech Unternehmen des Silicon Valley ist nur mit einer massiven Ausweitung der Batterieherstellung zu schaffen. Diese Ausweitung erfordert nach Berechnungen der internationalen Energieagentur die Eröffnung von rund 50 zusätzlichen Lithium Bergwerken auf der Welt. Die Weltbank warnt – falls das jemals geschehen sollte – vor einer gefährlichen Rückkopplung.”
Den ganzen Kommentar gibt es im Focus. Stichwort Rohstoffmangel. Der CEO von Glencore, dem weltweit größten Rohstoffhändler, warnt vor einem Mangel an Kupfer. Das berichtet ecomento.de.
“Nagle erklärte vor Aktionären, dass die Kupfernachfrage das verfügbare Angebot im Jahr 2030 um 50 Millionen Tonnen zu übersteigen drohe. „Das ist gleichbedeutend mit einer zweijährigen Schließung der weltweiten Kupferproduktion“, sagte er. Der Grund für die rasant steigende Kupfernachfrage sei der für die Klimaziele nötige Ausbau der erneuerbaren Energien sowie die Elektrifizierung der Mobilität.
Der Glencore-CEO bezieht sich bei den Modellrechnungen auf die Internationale Energieagentur (IEA). Demnach steigt die Kupfernachfrage für den Bau von Windturbinen, Solaranlagen, Batteriespeichern und neuen Stromnetzen bis 2030 um 100 Millionen Tonnen. Für den Ausbau der E-Mobilität kommen 20 Millionen Tonnen hinzu. Insgesamt dürfte sich die weltweite Kupfernachfrage bei rund 350 Millionen Tonnen einpendeln. Demgegenüber steht ein prognostiziertes Angebot von rund 300 Millionen Tonnen.”
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Vorbei die Zeiten als Olaf Scholz als Bürgermeister der Hansestadt Hamburg als Highlight seines Alltags einen neuen Fahrradständer am Hauptbahnhof feierlich einweihen durfte. Jetzt sind es ganze LNG-Anlagen, so wie die in Wilhelmshaven, die er am Samstag, den 17.12.2022, die er eröffnen darf. Die Anlage wurde in Rekordzeit errichtet. Allerdings haben sich die Preise für die Anlage auch in Rekordzeit entwickelt. Laut FAZ (Bezahlartikel) wird er voraussichtlich von Wirtschaftsminister Habeck und Finanzminister Lindner begleitet.
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IEA sieht Wasserstoff als wichtiges Element der Energiewende. Laut En-former, dem Energieblog von RWE, sieht die Internationale Energieagentur IEA in Wasserstoff eines der Schlüsselprodukte. Wer im Text liest, wird auch Kohlenstoffabscheidung darin finden.
“Damit Wasserstoff zum Erreichen der Klimaziele einen elementaren Beitrag leisten kann, muss er klimafreundlich produziert werden. Im vergangenen Jahr wurden von den 94 Millionen Tonnen allerdings nur eine Million Tonnen auf CO2-arme Weise produziert. Und zwar fast ausschließlich von Anlagen, die fossile Energieträger wie Erdgas in Wasserstoff umwandeln und das dabei entstehende CO2 abtrennen, speichern und/oder wiederverwenden (CCUS-Technologie – carbon capture, utilisation and storage). Doch das könnte sich bald ändern. Laut den Analysten der IEA wächst die Pipeline an neuen Projekten mit einer beeindruckenden Geschwindigkeit.
Wenn alle angekündigten Vorhaben umgesetzt würden, könnten bis 2030 jährlich 16 bis 24 Millionen Tonnen klimafreundlicher Wasserstoff produziert werden. Das bedeutet, dass er dann bis zu einem Fünftel des weltweiten Bedarfs decken könnte. Nach den IEA-Berechnungen würden dabei zwischen 9 und 14 Millionen Tonnen aus Elektrolyseanlagen und zwischen 7 und 10 Millionen Tonnen aus Produktionsstätten mit CCUS stammen.
Die Herstellung von grünem Wasserstoff, die Wissenschaftler und Ingenieure aktuell in Versuchsanlagen erproben, wird also ihren kommerziellen Durchbruch erleben. Würden alle angekündigten Vorhaben realisiert, könnten weltweit Elektrolyseanlagen mit einer Gesamtleistung zwischen 134 und 240 Gigawatt (GW) entstehen. Zum Vergleich: 240 GW – so hoch ist die installierte Leistung aller EE-Technologien in ganz Lateinamerika.”
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Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Diese Erfahrung mussten die Aktivisten der “Letzten Generation” machen. Es gab laut T-Online eine bundesweite Razzia. Dabei ging es um die Vorgänge an der Raffinerie Schwedt, nicht um das Blockieren von Straßen usw.
“Grund für die Ermittlungen soll demnach eine Aktion der Aktivisten sein, bei der sich mehrere Mitglieder an eine Erdöl-Pipeline gekettet hatten, die in den Brandenburger Ort Schwedt zur PCK-Raffinerie führt. Die Aktivisten sollen auch mit Schiebern Zuleitungen am Netz der Raffinerie zugedreht haben. Anfang Oktober war bekannt geworden, dass es deshalb in zwölf Fällen wegen Störung öffentlicher Betriebe, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch ermittelt wird.”
Wir dürfen gespannt sein, wer das in den Sozialen Netzwerken alles geißeln wird. Das Strafrecht kennt keine Sachbeschädigung aus vermeintlich edlen Motiven.
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Martin Schlumpf berichtete am 12. Dezember 2022 im Nebelspalter:
Armutsbekämpfung: Erfolgsgeschichte der Menschheit – Schlumpfs Grafik 61
Beginnen wir mit einem Quiz. Der 2017 verstorbene schwedische Arzt Hans Rosling war ein unermüdlicher Kämpfer für eine faktenbasierte Weltsicht. In seinem posthum veröffentlichten Buch «Factfulness» 2018 (siehe hier) berichtete er über die Resultate eines Quiz, das er in vielen Ländern durchgeführt hatte. Es ging in diesem Quiz um dreizehn Fragen zum Zustand der Welt. Die dritte Frage lautete: «Der Anteil der Weltbevölkerung, der in extremer Armut lebt, ist in den letzten zwanzig Jahren…A: beinahe doppelt so gross geworden, B: mehr oder weniger gleich geblieben, oder C: beinahe auf die Hälfte gesunken.»
Falsche Vorstellungen von Armut
Was ist Ihre Antwort? Wenn Sie A oder B gewählt haben, gehören Sie zur grossen Mehrheit des Publikums in den vierzehn Industriestaaten, in denen Rosling diese Fragen gestellt hat. Richtig ist aber Antwort C: Der Pro-Kopf-Anteil der Menschen, die in extremer Armut leben, ist zwischen 1997 und 2017 von 30 auf 9 Prozent gesunken – was sogar deutlich mehr als die Hälfte ist. Am nächsten kamen dieser Wahrheit die Schweden und Norweger, wo 25 Prozent der Befragten diese Antwort wählten, während nur 10 Prozent der Japaner und nur 3 Prozent der Spanier die richtige Antwort wussten.
Was wichtig ist:
– In den letzten vierzig Jahren ist der Anteil der Menschen, die in extremer Armut leben, von knapp 50 auf unter 10 Prozent gesunken.
– Ostasien mit China hat in dieser Zeit einen besonders fulminanten Rückgang der Armut erlebt: von 80 auf 1 Prozent.
– Seit 1990 sinkt die Zahl der ärmsten Menschen sogar absolut, trotz ständig wachsender Bevölkerung.
Weiterlesen im Nebelspalter. Auch verfügbar auf schlumpf-argumente.ch.