Rückblick ins Temperaturarchiv der letzten 1200 Jahre

Fritz Vahrenholts monatliche Kolumne, 8.8.2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

Die globale Mitteltemperatur der satellitengestützten Messungen blieb im Juli im Vergleich zum Juni nahezu unverändert. Die Abweichung vom 30-jährigen Mittel (1981 bis 2010) betrug 0,44 Grad Celsius. Die Temperaturmessungen an Land und im Meer gehen allerdings seit Mai zurück, wie in dem folgendem Bild sehr anschaulich zu sehen ist. Zu Beginn des Jahres sieht man noch die Auswirkungen des letzten El Ninos aber seit Mai einen stetigen Abschwung, der sich in den letzten Juli-Tagen in der Südhemisphäre sogar in negativen Temperaturabweichungen vom langjährigen Mittel niederschlägt (blaue Kurve). Aber auch die Temperaturen der Nordhemisphäre (rote Kurve) sinken.

Abweichungen der globalen Mitteltemperaturen (schwarze Linie) vom WMO-Klimamittel 1981-2010 (Quelle: Karsten Haustein). Die Temperaturen der Nordhemisphäre und der Südhemisphäre sinken seit Mai 2020.

Die GFS-Daten des amerikanischen NCEP (National Centre of environmental prediction) sind nicht unmittelbar mit den Satellitendaten vergleichbar. Die Satellitendaten zeigen die Temperaturentwicklung um etwa 2-3 Monate zeitversetzt. Daher wird sich der Temperaturrückgang seit Mai in den Satellitendaten erst in den nächsten Monaten auswirken.
Den globalen Temperaturrückgang, der sich seit 2016 nun wieder fortsetzt, sollten wir in Erinnerung behalten, wenn in den nächsten Tagen manche Presseorgane wieder mit Schlagzeilen wie Hitzesommer oder Temperaturrekorden den Menschen in Deutschland Angst einjagen. Es ist ein schöner Sommer in Deutschland mit einem eher zu kühlen Juni und Juli – und trotzdem sinken die Temperaturen global.

Rückblicke ins Temperaturarchiv

Für den UN-Weltklimarat IPCC ist die Sache klar: der Mensch und die  von ihm ausgestossenen Klimagase bewirken 100 % der Erwärmung der letzten 150 Jahre. (IPCC, 1,5 Grad Bericht, 2018). Natürliche Schwankungen des Klimas haben keinen Platz mehr in der Ursachenforschung. Immer wieder zeigen aber Untersuchungen eine fast periodische Abwechslung von Warm -und Kaltzeiten im  Abstand von etwa 500  Jahren So folgte auf die römische Wärmeperiode (250 v. Chr. – 400 n.Chr.) die Völkerwanderungszeit (400-800 n.Chr.), die Mittelalterliche Wärmeperiode bis 1300, die Kleine Eiszeit bis 1850.

Erst jetzt sind wir aufmerksam geworden auf eine umfassende Temperaturanalyse eines Eisbohrkerns mitten in Europa, vom Colle Gnifetti an der schweiz-italienischen Grenze. Pascal Bohleber von der österreichischen Akademie der Wissenschaften in Innsbruck und der Universität Heidelberg hat es mit seinen Mitstreitern aus den USA, Österreich und der Schweiz geschafft,  die Daten des Eisbohrkerns bis auf ein Jahr genau aufzulösen. An der blauen Kurve in der Abbildung (die roten und schwarzen Kurven sind Vergleichskurven) sieht man das vergleichbar hohe Temperaturniveau der Mittelalterlichen Warmzeit und die darauffolgende Abkühlung der Kleinen Eiszeit. Interessant sind aber die außergewöhnlich schnellen Erwärmungen und Abkühlungen. So zeigt die Erwärmung zwischen 850 und 900 einen Anstieg um mehr als 1,5 Grad Celsius, ebenso wie die Abkühlung  um das Jahr 1200 die Temperaturen in wenigen Jahrzehnten um etwa 1,5 Grad abstürzen lässt. Der Anstieg der Temperaturen von 1850 bis heute ist nichts Aussergewöhnliches – es gibt stärkere Anstiege im Verlauf der letzten tausend Jahre. Und diese Temperaturanstiege und Abkühlungen hatten allein natürliche Ursachen. Warum sollten die natürlichen Klimaantriebe ab 1850 für immer und ewig ihre Wirkungen eingestellt haben?

Die Temperaturanaomalien im Vergleich zum Durchschnitt von 1860 -2006 in blau. Die direkten Temperaturmessungen seit 1850 sind schwarz. Eine  Temperaturrekonstruktion von Jürg Luterbacher zum Vergleich ist in rot unterlegt. Entnommen aus P.Bohleber et.al., Climate of the Past

Klimamodellierer, die Aussagen über die Temperaturentwicklung der nächsten hundert Jahre machen, sollten Politik und Medien darauf aufmerksam machen, dass sie immer noch nicht in der Lage sind, die Ursachen für die natürlichen Schwankungen der letzten 1000 Jahre zu benennen. Sämtliche Modelle scheitern daher, wenn sie den Versuch machen, die Vergangenheit abzubilden. Wer die Vergangenheit des Klimas mit seinen großen Schwankungen nicht versteht, sollte vorsichtig sein mit zukunftsgerichteten Aussagen, die als Grundlage von weitreichenden politischen Entscheidungen herangezogen werden. Die Antwort auf die Frage, wie groß ist der Anteil des Menschen und wie groß ist der nicht beeinflussbare natürliche Anteil, ist nicht geklärt. Der Eisbohrkern vom Colle Gnifetti zeigt das in aller Deutlichkeit.

Herzlichst
Ihr
Fritz Vahrenholt

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